Page 13 - Robert Charlier: Goethe als Übersetzer (Preprint; 2009)
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Robert Charlier: Goethe als Übersetzer






                        Auch die diffizile Text- und Überlieferungsgeschichte der brillant vertonten
                        Mythentravestie, deren Librettist übrigens  unbekannt blieb, ist in diesem Rahmen

                        nicht auszuloten. Ganz zu schweigen von der Aufführungsgeschichte der Oper samt
                        ihren Implikationen für die Weimarer Rezeption. 15  Goethe war jedenfalls von

                        diesem Werk der komischen italienischen Oper so fasziniert, dass er vermutlich
                        einen Textdruck von seiner Italienreise nach Hause mitführte, um im Anschluss an

                        sein Italienerlebnis eine freie und eigenständige Nachgestaltung des Stoffes zu
                        wagen. Von dieser Bearbeitungsstufe hat sich jedoch nur ein fragmentarisches

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                        Schema erhalten.
                           Wachsende Selbstzweifel Goethes gegenüber seinen Ambitionen als Dichter

                        eines ,klassischen‘ Operndeutsch setzten seinen Plänen für eine auf zwei Akte
                        angelegte  Nachschöpfung     ein  vorläufiges  Ende.   Zu   stark  griff  der

                        Übertragunsversuch in das ursprüngliche Handlungskonzept ein. Goethe begnügte
                        sich schließlich mit einer vorlagennahen, an der Vertonung orientierten Übersetzung
                        ausgewählter Szenen, die 1794/95 in Weimar auch zur Aufführung gelangten. Für

                        Goethes Übersetzungsleistung und seinen heute so gut wie vergessenen Beitrag zu

                        einem durchaus sangbaren Operndeutsch ist das folgende Terzett aus der ersten
                        Szene der Oper ein beredtes Beispiel (die linke Außenspalte enthält die agierenden
                        Personen, die Spalte rechts außen bietet die auf die Weimarer Ausgabe bezogenen

                        Seiten- und Versangaben):



























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