Page 12 - Robert Charlier: Goethe und August Wilhelm Iffland (1779-1814)
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Gendarmenmarkt ab 1802 erklomm er ungeahnte Ruhmeshöhen. So
ernannte ihn der preußische König Friedrich Wilhelm III. im Jahr
1811 zum »Generaldirektor der Schauspieler und zugleich der
Kapelle und Musik, der Ballets und aller hierzu gehörigen Gegen-
stände« (Joseph Kürschner, 1881). Zudem konnte er sich als
erster Schauspieler überhaupt in die illustre Reihe der Träger des
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Roten Adlerordens zählen. Diese zweithöchste Verdienst-
auszeichnung Preußens bedeutete für seinen Berufsstand als Schau-
spieler eine kaum zu überschätzende Ehrung. Denn der Beruf des
Schauspielers galt im gesamten 18. Jahrhundert und trotz aller
prestigeträchtigen Anerkennung im Einzelfall noch bis ins
20. Jahrhundert als niedere Standesposition, die weit unter dem
Status eines Bürgers angesiedelt blieb.
Neben Ifflands epochalen Leistungen als aktiver Schauspieler
und begnadeter Theaterintendant ist seine schriftstellerische
Produktivität zu nennen. Sie erscheint heute kaum glaublich. Als
Autor verfasste er innerhalb von 25 Jahren die enorme Zahl von
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65 bekanntgewordenen Theaterstücken. Sie erschienen in der
Regel noch zu Lebzeiten im Druck. Immerhin stand Iffland
zugleich noch als vielengagierter Schauspieler auf der Bühne und
war als künstlerischer und administrativer Leiter für das
Tagesgeschäft des Berliner Nationaltheaters unabkömmlich. Hinzu
kam die große Zahl von Gastspielreisen, die ja damals mit viel mehr
zeitlichem Engagement und erheblichen Strapazen verbunden
waren. August Wilhelm Iffland, Geburtsjahrgang 1759 wie Schiller,
Carl Theophilus Doebbelin (1727-1793). Der Neubau des Königlichen
Schauspielhauses am Gendarmenmarkt von Carl Gotthard Langhans wurde
am 1. Januar 1802 unter Ifflands Leitung als Deutsches Nationaltheater zu
Berlin eingeweiht.
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Der Rote Adlerorden wurde zunächst in drei (später sogar vier) Aus-
führungen (Klassen) unterteilt. Iffland war Träger des Ordens Dritter Klasse
(Kürschner 1881; Walter 1910, Sp. 245f.)
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»Iffland [...] verfasste insgesamt mehr als 70 Theaterstücke und Über-
setzungen, von denen nicht alle überliefert sind.« (A. Košenina [Nachwort]
2009, S. 103; unter Hinweis ebd. Anmerkung Nr. 23 auf die lexikografische
Würdigung der 65 erhaltenen Stücke in Dehrmann/Košenina 2009). Weitere
Beispiele für den Typus des schreibenden Schauspielers sind z. B. Friedrich
Ludwig Schröder (1744-1816) oder →Heinrich Beck.
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