Page 80 - Robert Charlier: Goethe und August Wilhelm Iffland (1779-1814)
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Ewer Excellenz
Berlin Gehorsamster Diener
n
den 17 Aprill Iffland
105
1804«
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»Ewer Excellenz
Erlauben mir, daß ich dem hiesigen Schauspieler Rebenstein, das
Glück erwerbe, Ihnen seine Verehrung darzubringen. Sie haben die
Güte gehabt, ihm zu Weimar einige Gastrollen gestatten zu wollen;
dadurch ist für seine Belehrung, und wenn es ihm gelingt Ihnen
nicht zu mißfallen, für seine Richtung und künftige Bewährung, ein
Großes gewonnen.
Ich nehme herzlichen Antheil an ihm, den er durch sein be-
scheidnes, stilles, sinniges, ansdaurendes Betragen, erworben und
vermehrt hat.
Im Chore, ohne Erziehung und Unterricht herangewachsen, hat
anhaltende Betrachtung und rege Empfindung, ihn ziemlich glück-
lich geleitet. Er kann nun erst nach und nach, die wißenschaftliche
Bildung erwerben, woran es ihm fehlt. Er weiß daher daß sie ihm
fehlt und dieses Gefühl ist Ursach daß er weniger scheint als er ist,
und als man da an ihm gewahr ist, wo er den Muth faßen kann, sich
unbefangen zu erklären.
Ich lebe der Hoffnung, Ewer Excellenz werden in seinen Dar-
stellungen bemerken, daß er mehrentheils reichlich fühlt wohin die
Führung gehen muß, wenn er es auch nicht wohl würde erklären
können, weshalb es eben so und nicht anders geschehen muß.
Außerdem ist er ein gemüthlicher, dankbarer, mild-schwer-
müthiger, sehr zuverläßiger Mensch, den ein reger Sinn für das
Ehrbringende auszeichnet.
Vergeben Sie es, daß ich den jungen Mann so ausführlich schil-
dere. Ich wage dieß weil ich um die Ehre bitte, daß er Ihnen! sich
vorstellen dürfe.
105 Goethe-Jahrbuch 26, 1905, S. 61f. (Nr. 16)
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