Page 81 - Robert Charlier: Goethe und August Wilhelm Iffland (1779-1814)
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Mit herzlicher Freude, sehe ich der Zeit entgegen, wo Sie mir
vergönnen werden, von vielen Dingen zu reden, die mich erfreuen
und die mich beengen. Man kann nur gestärkt von Ihnen gehen und
so lebe ich jener Zeit, mit süßen Hoffen entgegen.
Ich darf sagen, daß ich die Kunst mit jugendlicher Liebe umfaße
und daß die Stürme der Zeit, diese Kindlichkeit mir nicht haben
rauben können.
Wenn aber Erfahrung und Jahre, die schmeichelhafte Hoffnung
geben, in der Ausübung, einer gewißen Reife näher gekommen zu
sein: so quält dagegen die Sorge, daß man, sich unbewußt, zu
Uebergränzung und Ueberreife kommen mögte. Dieser Zweifel
wenn er zunimmt raubt allerdings jene liebliche Sicherheit, wel-
che allein das Gute in der Darstellung gefällig bewürkt. Ich sorge,
das Alter des Künstlers tritt weit früher ein, als das Alter des Men-
schen.
Muß ich deßhalb mich fürchten vor Ihnen aufzutreten; so will ich
umsomehr eilen daß es geschehe, ehe die Zeit die Reste verstäubt,
die noch in mir sein könnten.
Erhalten Sie mir ein Wohlwollen, welches Sie mir so liebreich
bewiesen und das mich weit getrieben, da es Kräfte in mir erweckt
hat, deren ich mir nicht bewußt war.
Mit den vollständigen Gefühl der innigsten Ehrerbietung und
Herzlichkeit
Ewer Excellenz
Berlin dankbar verpflichteter
den 25 Aprill Iffland
106
1812«
[17; 17a]
Iffland an Goethe, 4. Juni 1814; mit Beilage vom 2./4. Juni XLIV
[18]
Iffland an Goethe, 21. Juni 1814 XLV
106 Goethe-Jahrbuch 26, 1905, S. 64f. (Nr. 18)
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