Page 87 - Robert Charlier: Goethe und August Wilhelm Iffland (1779-1814)
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VII das Drückende Ihrer gegenwärtigen Lage] Goethe spielt hiermit
wohl auf Misshelligkeiten an, die es zwischen Iffland als
künstlerischem Leiter und Dalberg als Patriarch des Mannheimer
Theaters gegeben hatte. Auch die zurückliegenden Kriegswirren,
die den Theaterbetrieb in Mannheim immer wieder stark be-
einträchtigt hatten, befeuerten diesen Konflikt. Möglicherweise
eröffnet die Stelle aber auch lediglich den Entscheidungsdruck,
unter dem Iffland aufgrund gleich mehrer verlockender Angebote
zu jenem Zeitpunkt stand. Das höfliche Mitgefühl, das Goethe
dabei zum Ausdruck bringt, könnte auch rein rhetorisch sein,
immerhin handelte es sich ja um Offerten, die Iffland als
Schauspieler und Theatermacher sehr schmeicheln mussten. Der
große Tausendsassa auf dem Theater hatte gewissermaßen lediglich
die ›Qual der Wahl‹.
VIII Entschluß] Im Zusammenhang mit seinem Gastspiel im Frühjahr
erreichte Iffland auch aus Weimar ein Angebot zu einem
dauerhaften Engagement. Die erbetene Entscheidung stand zum
Zeitpunkt der Abfassung von Goethes Brief noch aus. Offenbar
bezieht sich Goethe mit seiner Erwähnung der für Iffland
schwierigen Entscheidung auf die Anbahnung des Berliner
Ersuchens, das möglicherweise bereits zum Zeitpunkt des
Briefdatums (September 1796) bekanntgeworden war. Dem
widerspricht allerdings, dass sich Iffland für seine informellen
Verhandlungen mit Weimar strengstes Stillschweigen ausbedungen
hatte (vgl. ›Iffland an Goethe‹, Brief-Nr. 8).
IX Wahl] Am 14. November 1796 übermittelte Iffland seine Zusage
nach Berlin.
X Bereits zu diesem Zeitpunkt war die Gesundheit Ifflands aufgrund
seiner enormen Reisefreudigkeit und produktiven Rastlosigkeit an-
gegriffen. Dies allerdings noch nicht in dem Maße wie in den
letzten Berliner Jahren, die Iffland mehrfach an den Rand des
Zusammenbruchs führten.
XI »Ein Jahr nach der Übersetzung von [...] Voltaires […] Mahomet
unternahm G.[oethe] […] am 22.30.7. und 22.11.-24.12.1800 die
Übersetzung des von Carl August geschätzten Trauerspiels
Tancrède (1760) von Voltaire in Blankversen. Nachdem Iffland
ursprünglich eine Berliner Aufführung für den 18.1.1801 geplant
hatte, wurde das Stück am 31.1.1801 im Weimarer Hoftheater
aufgeführt, wobei Schiller die Proben leitete […].« (Wilpert 1998,
S. 1045)
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