Page 90 - Robert Charlier: Goethe und August Wilhelm Iffland (1779-1814)
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sämtliche Kommunikation über theaterpraktische Angelegenheiten
                                handschriftlich zirkulierte. Dies galt nicht nur für die Begutachtung
                                und Lektüre von literarischen Werken; auch die Übersetzung und
                                Bearbeitung  von  Bühnentexten  erfolgte  weitgehend  unabhängig
                                von ihrer gedruckten Textgestalt.
                        XXII    Die  andern  Schauspiele]  Entweder  hatte  Goethe  weitere  Stücke
                                angefordert,  oder  Iffland  hatte  die  Konvulute  der  erfolgten
                                Abschriften  aus  Platz-  oder  Kostengründen  auf  mehrere
                                Postsendungen  aufgeteilt.  Das  Porto  zahlte  in  der  Regel  der
                                Empfänger.

                        XXIII    Dabei  handelte  es  sich  um  die  folgenden  von  Iffland  verfassten
                                Stücke  (in  Klammern  die  Daten  der  jeweiligen  Erstaufführung  in
                                Weimar):  Allzu  scharf  macht  schartig  (20.2.1794);  Der  Vormund
                                (13.3.1794) sowie [vermutlich] Alte und Neue Zeit (5.7.1812); hier
                                wiedergegeben  nach  Geiger  1905a;  vgl.  auch  Briefe  an  Goethe,
                                Bd. 1, 1980, S. 268; Regest-Nr. 817.
                        XXIV   für  gute  Prise]  Mit  dem  Begriff  der  ›Prise‹  spielt  Iffland  auf  die
                                ›Beute‹ oder auch das erzielte ›Lösegeld‹ des Freibeuters an. Diese
                                Metaphorik zielte auf eine ganz besondere Form der literarischen
                                Piraterie  im  damaligen  Theaterbetrieb:  »Eine  Verpflichtung  der
                                Theater  zu  Tantièmen  existierte  bekanntlich  damals  garnicht;  ein
                                Anrecht des Dichters auf Bezahlung für seine Schauspiele, etwa in
                                der  Weise,  daß  er  ein  für  alle  Male  mit  einer  oft  sehr  kleinen
                                Summe  abgefunden  wurde,  erkannten  die  meisten  Theater  nur  in
                                dem Falle an, daß ein Stück noch ungedruckt war. Kleinere Bühnen
                                aber  hielten  es  nicht  unter  ihrer  Würde,  sich  dadurch  Stücke  zu
                                verschaffen, daß sie sich Abschriften von Dramen machen ließen,
                                die von dem Autor zur Einsicht gesendet worden waren, oder sich
                                solche von befreundeten Bühnen zugänglich machten. Das bedeutet
                                ›Vordruck‹, denn es kam gewiß nur selten vor, daß ein Stück vor
                                der ersten autorisierten Ausgabe gedruckt wurde. Über Nachdruck
                                klagte Iffland auch sonst; die Nachdrucker bestahlen ihn insofern,
                                als  durch  ihre  billigen Ausgaben  die  rechtmäßigen,  meist  teueren
                                Drucke  eine  geringere  Verbreitung  fanden;  dadurch  wurde  die
                                Möglichkeit einer neuen Honorierung durch fernere Auflagen sehr
                                erschwert.« (Goethe-Jahrbuch 26, 1905, S. 75)
                        XXV     edles Geschenk] Nach Wahle 1892 (S. 94) handelte es sich dabei
                                um  den  1794  bei  Johann  Friedrich  Unger  erschienenen  zweiten
                                Band  der  Werkausgabe  Goethe’s  neue  Schriften  7  Bde.,  Berlin
                                1792-1800, mit dem Text von ›Reineke Fuchs‹. Als Zeichen seiner









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