Page 64 - Robert Charlier: Goethe und August Wilhelm Iffland (1779-1814)
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                                               »Weimar, 30. März 1796.

                                                                                                   V
                        …Ich vernehme, daß Sie die Gefälligkeit haben wollen den Posert
                        zu  spielen, wofür ich  Ihnen  ganz   besonders  danke, denn  ich  bin
                        äußerst  neugierig,  wie  Sie  mit  so  vielen  andern  Problemen  auch
                        dieses  auflösen  werden. …Mit dem  größten  Vergnügen sehe    ich
                                                                               VI
                        dann der Bearbeitung und Aufführung Egmonts  entgegen. Es ist
                        das Eigenste was mir hätte begegnen können, daß ein Stück, auf das
                        ich  in  mehr  als  einer  Hinsicht  längst  Verzicht  gethan  habe,  mir
                                                                                                 81
                        durch Schillern und Sie so unerwartet wiedergeschenkt wird. ... «


                                                            [4]

                                                                [Jena, Mitte September.] [1796]

                        »Sie  können,  verehrter  Freund,  versichert  sein,  daß  ich  das
                        Drückende   VII  Ihrer gegenwärtigen Lage völlig mit Ihnen fühle. Ein
                        rechtschaffener  Mann,  der  Rücksichten  als  Gatte  und  Freund  zu
                        nehmen  hat  und  der  in  Begriff  steht,  einen  Entschluß    VIII   wegen

                        seines  künftigen  Lebens  zu  fassen  und  zwischen  zwei  so  ver-
                        schiedenen    Situationen  zu  wählen, muß, wenn  er dabei noch  Ihr
                        empfindliches  und  liebevolles  Herz  hat,  sich  in  einer  sehr  pein-
                        lichen Lage befinden. Wir sind unter diesen Umständen weit ent-

                        fernt, lebhafter in Sie zu dringen, um so mehr als der Termin, den
                        Sie zur Entscheidung der Sache festsetzen, nicht gar weit entfernt
                        ist.  Was  wir  Ihnen  anbieten  können  und  Ihnen  so  gern  anbieten,
                        wissen  Sie  so  wie  unsere  übrigen  Verhältnisse  und  Gesinnungen.

                        Indessen  lernen  Sie  ja  auch  wol  jenes  Terrain  kennen,  und  Ihrer
                        Einsicht entgeht es nicht, was Sie zu wählen haben. Seien Sie ver-
                        sichert,  daß  der  Wunsch  Sie  glücklich  zu  wissen  bei  uns  ebenso
                        lebhaft  ist  als  der  Wunsch  Sie  zu  besitzen  und  daß,  Ihre  Wahl  IX

                        falle aus wie sie wolle, Sie sich hier eine fortdauernde allgemeine


                        80   Weimarer Ausg., IV. Abt., Bd. 11, 1892, S. 2 (Nr. 3253; Briefkonzept vom
                           4.1.1796)
                        81   Weimarer Ausg., IV. Abt., Bd. 30, 1905, S. 59 (Nr. 3293a)






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