Page 100 - Robert Charlier: Google statt Goethe?
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Wiener Klassik kennen (vgl. Gerhard 2002, S. 34-56; bes. S. 47ff.; s. in der
Bibliografie unter Punkt A.II.7). Die Gleichsetzung von ›Klassik‹ und klas-
sisch-romantischem Musikrepertoire bildet die weltweit wohl wirkungsvollste
Verbreitungsform von Wort und Begriff des ›Klassischen‹ (→Wiener Klassik).
Klassik, Weimarer
→Weimarer Klassik
Klassiker, Klassikerin
Ein Klassiker ist ein Autor, Schöpfer oder Urheber bzw. eine Hervorbrin-
gung (ein Werk), der oder das als klassisch gilt. Johann Christoph Adelung
definierte einst wie folgt:
»classIsch. In seiner Art vortrefflich, so daß es andern zum Muster und zur
Richtschnur dienen kann; am häufigsten von den Producten des Geistes. Ein clas-
sischer Schriftsteller der in seiner Wissenschaft der vornehmste ist, darin andern
zur Richtschnur dienet. […] In engerer Bedeutung sind classische Schrift steller,
welche die Regeln des Schönen, so wohl in Rücksicht auf die Gedanken, als auf
den Ausdruck auf das genaueste befolgen, und in so fern andern zum Muster
dienen, dergleichen Schriftsteller man auch wohl Classiker zu nennen pflegt.«
(Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Bd. 1, 1793,
S. 1338).
Folgt man modernen Wörterbüchern, so geht der deutsche Wortstamm des
Adjektivs ursprünglich auf das Lateinische zurück (→klassisch; classicus).
Nach Duden (21. Auflage) bezeichnet Klassiker »einen maßgebenden Künstler
oder Schriftsteller«. Auch die weibliche Form (das ›movierte Femininum‹)
Klassikerin gehört, wenn auch selten verwendet, seit den 1980er bzw. 90er
Jahren zur Wörterbuchnorm (zur semantischen Analyse vgl. Brandt 1976,
S. 4-21; s. Bibliografie unter Punkt C). Die eher späte Kodifizierung der
weiblichen Form als Teil der Standardsprache erklärt sich aus dem wohl
unzweifelhaften Phänomen der ›männlichen Dominanz‹ auf allen Ebenen der
menschlichen Kulturgeschichte. Sprache, Kultur und Literatur vollziehen die
historische Vorherrschaft des vermeintlich starken Geschlechts im sozialen,
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