Page 113 - Robert Charlier: Google statt Goethe?
P. 113

Nach diesem verschwörungstheoretisch gefäbten Muster schließt also eine
               anonyme und verschworene Gemeinschaft einen einzelnen Verkannten aus
               dem Kanon aus. Denn das ital. Wort mafia steht im Deutschen für ›erpres-
               serische, auch terroristische Geheim organisation‹, meist aber übertragen
               für eine einflussreiche Personen- oder Berufs gruppe, die in ähnlicher Weise
               wie die berühmte sizilianische Verbrecher organisation organisiert ist und
               ihre Interessen in vergleichbarer Weise skruppellos durchsetzt. In seiner
               übertragenen Verwendung überspitzt das Wort damit die Bedeutungsnuance
               von ›Interessengemeinschaft‹ oder ›Seilschaft‹ in negativer Weise. Bei dem
               Wortbild handelt es sich zudem um einen perspektivischen Begriff. Denn
               weder ein Mafioso noch ein →Literaturpapst werden sich selber jemals als
               solche bezeichnen.




                                            Kultbuch

                  Das Wort steht erstaunlicherweise erst seit allerjüngster Zeit im Rechtschreib-
               duden. Kultfigur oder Kultfilm gehören demnach schon länger zum all gemeinen
               Sprachgebrauch, und so wird das Kultbuch auch in Analogie zu seinem
               cineastischen Begriffspendant definiert: »Film, der von einem bestimmten
               Publikum bes[onders] verehrt wird.« (Duden, 25. Auflage, S. 659). Ältere

               Fassungen führten noch aus: »(von einem bestimmten Publikum) als beson-
               ders eindrucksvoll beurteilter und immer wieder angesehener Film« (Duden,
               21. Auflage, S. 439). Die deutschsprachige Wikipedia definiert wesentlich
               wortspezifischer:


                  »Ein Kultbuch ist ein Buch, das das Lebensgefühl einer speziellen (jugendlichen)
                  Gruppe besonders eindringlich widerspiegelt und von dieser sehr geschätzt wird.
                  Der Begriff hat sich in den 1970er Jahren im (west)deutschen Sprachgebrauch
                  heraus gebildet […]. Kultbücher gelten als unverwechselbare Werke, sind auf
                  eine bestimmte Leserschaft ausgerichtet und können zu Bestsellern werden. Sie
                  dienen den Eingeweihten als Erkennungsmerkmal […] und nehmen sich häufig
                  un konventioneller oder rebellischer Themen an. Der Steppenwolf von Hermann
                  Hesse oder Per Anhalter durch die Galaxis von Douglas Adams sind zwei erfolg-
                  reiche Kultbücher.« (Wikipedia. Die freie Enzyklopädie: http://de.wikipedia.org/
                  wiki/Kultbuch; Stand bei Drucklegung)







                                                                                109
   108   109   110   111   112   113   114   115   116   117   118