Page 133 - Robert Charlier: Google statt Goethe?
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Es ist […] angemerkt worden, dass der wahre Ursprung aller schönen Künste in
                  der Natur des menschlichen Gemütes anzutreffen ist; dass Menschen von mehr
                  als gewöhnlicher Lebhaftigkeit der Phantasie und der Empfindung, die zugleich
                  ein schärferes Gefühl des Schönen haben als andere, aus eigenem Trieb und nicht
                  durch fremdes Beispiel gereizt, gewissen Werken und Äußerungen des Genies
                  und der Empfindung durch überlegte Bearbeitung eine Form und einen Charakter
                  geben, wodurch sie zu Werken der schönen Kunst werden. (Allgemeine Theorie
                  der Schönen Künste, 1771, S. 861)


                  Im Anschluss an Edward Young und die zeitgenössische Originalitätsdebatte
               präzisiert Sulzer seine Ausführungen, indem er neben dem Gegenbegriff des
               »Nachahmers« den Topos vom »Erfinder« ins Spiel bringt:


                  Diese [die Originalgeister, Anm. R. C.] sind in den schönen Künsten Erfinder,
                  auch denn, wenn sie in ihrer Gattung nicht die ersten sind, sondern bereits Vor-
                  gänger gehabt haben: sie sind Originalgeister, insofern sie nicht aus Nachahmung,
                  sondern aus Trieb des eigenen Genies Werke der schönen Kunst verfertigt haben.
                  Gemeiniglich werden dergleichen Genie [sic] in ihren Erfindungen und auch in
                  ihrem Geschmack, genug Eigenes haben, dass sie auch darin Original sind. Wenn
                  diese Köpfe keine Vorgänger gehabt hätten, so würden sie die ersten Urheber ihrer
                  Kunst gewesen sein, weil die Natur ihnen alles dazu nötige gegeben hat. Sie sind,
                  wie Young sagt, zufällige Originale.

                  ›Erfinder‹ und ›Erfindungen‹ entsprechen hier noch nicht der Vorstellung
               vom innovativen Homo faber des 19. und 20. Jahrhunderts. ›Erfinder‹ meint
               hier vielmehr den originären Künstler, der neue Ideen und Werke hervorbringt.
               Sulzers Positivliste originaler Geister ist somit eine erstrangige Quelle für
               einen Empfehlungskanon, der ästhetisch-psychologisch begründet wird.



                                    Page-Rank-Algorithmus


                  Der Page-Rank-Algorithmus ist eine mathematische Formel zur Berech-
               nung der Beliebtheit einer einzelnen Internetseite, wie sie sich in Verweisen
               von anderen Webseiten niederschlägt. Gemessen wird dabei die sogenannte
               Linkpopularität einer Seite. Die zugrunde liegende Näherungsformel wurde
               im Jahr 1997 von dem amerikanischen Informatiker Lawrence (Larry) Edward
               Page (geb. 1973) an der Universität Stanford entwickelt und als sogenannter
                        TM
               PageRank  mit Schutzfrist bis zum Jahr 2011 patentiert. Die Formel wurde


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