Page 134 - Robert Charlier: Google statt Goethe?
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nach ihrem Entwickler benannt, ist also als Eponym zu verstehen und bezieht
sich keineswegs auf das engl. Wort für Internetseite, (web) page. Die kom-
plexe Formel errechnet die Gewichtung einer einzelnen Internetseite nach
dem Prinzip: Je mehr Seiten auf ein bestimmtes Dokument verweisen (ver-
linken), desto höher die Bedeutung, die dieser Seite insgesamt zugemessen
wird. Im Prinzip nähert sich der PageRank diesem objektiven Wert lediglich
iterativ. Der Algorithmus diente dem von Larry Page gemeinsam mit Sergei
Michailowitsch Brin am 4. September 1998 gegründeten Suchmaschinen-
Unternehmen Google Incorporated als wichtigstes virtuelles Patentwerkzeug
zur Universalberechnung sämtlicher Internetinhalte weltweit. Immer wieder
zur Abwehr von Missbrauchsversuchen modifiziert, bildet die Reihenformel
bis heute die wichtigste Ausgangsbasis für die Beantwortung einer jeden der
vielen Millionen oder sogar Milliarden Suchanfragen, die täglich im Netz
erfolgen. Auch andere Suchmaschinenprodukte greifen dabei auf das Prinzip
des PageRank zurück. Die Erfindung der Google-Gründer basiert allerdings
auf mathematischen Vorläufern (z. B. Netzwerktheorie der »Hubs and Autho-
rities« von Jon Kleinberg, 1999; »Hilltop-Algorithmus« von Krishna Bharat
und George A. Mihaila, 2003). Auch entwickelte die sogenannte Soziometrie,
eine Richtung der empirischen Sozialforschung, bereits seit den 1950er Jahren
ähnliche Näherungsverfahren zur Ermittlung des Sozialstatus eines Indiviuums
innerhalb einer Gruppe. Die erstmalige Formulierung der Page-Rank-Idee wird
dem amerikanischen Statistiker Leo Katz (1914-1976) zugeschrieben und geht
u. a. auf die folgende Publikation zurück: »A new status index derived from
sociometric analysis« (In: Psychometrika, 18.1, 1953, pp. 39-43).
Der Internetkonzern Google hat seine PageRank-Formel nach zahlreichen
Überarbeitungen inzwischen einer grundsätzlichen Optimierung unterzogen, die
für die Kanonbildung im Internet höchst aufschlussreich ist. So fließt neuerdings
in die regelmäßig aktualisierte Rangberechnung aller im Netz vorhandenen
Internetseiten der sogenannte TrustRank ein. Diese mathemati sche Modifi-
kation wurde im Jahr 2004 von Mathematikern aus Harvard und Mitarbeitern
des Google-Konkurrenten Yahoo veröffentlicht. TrustRank be reichert die
automatisiert erfolgende algorithmische Berechnung der Seiten gewichtung um
den Faktor einer manuellen Vorauswahl von vertrauenswürdigen Webseiten.
Ausgewählte Internetseiten werden dabei hän disch überprüft, bewertet und
bei der weiteren Rangvergabe stärker gewichtet. Ihr Vertrauensstatus (Trust-
Rank) − also ihr gleichsam ins Repräsentative erhobener Kanonrang − wirkt
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