Page 103 - Robert Charlier: Goethe und August Wilhelm Iffland (1779-1814)
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Serva Padrona von Pergolese, Eingang und Beifall fand. Damals
nun producirte sich ein deutscher Buffo Namens Berger, mit einer
hübschen, stattlichen, gewandten Frau, welche in deutschen Städten
und Ortschaften, mit geringer Verkleidung, und schwacher Musik,
im Zimmer, mancherlei heitere aufregende Vorstellungen gaben,
die denn freilich immer auf Betrug und Beschämung eines alten
verliebten Gecken auslaufen mochten.
Ich hatte mir zu ihnen eine dritte mittlere, leicht zu besetzende
Stimme gedacht, und so war denn schon vor Jahren das Singspiel
Scherz, List und Rache entstanden, das ich an Kaysern nach Zürich
schickte, welcher aber, als ein ernster gewissenhafter Mann, das
Werk zu redlich angriff und zu ausführlich behandelte. Ich selbst
war ja schon über das Maß des Intermezzo hinausgegangen, und
das kleinlich scheinende Sujet hatte sich in so viel Singstücke ent-
faltet, daß selbst bei einer vorübergehenden sparsamen Musik drei
Personen kaum mit der Darstellung wären zu Ende gekommen. Nun
hatte Kayser die Arien ausführlich nach altem Schnitt behandelt,
und man darf sagen, stellenweise glücklich genug, wie nicht ohne
Anmuth des Ganzen.
Allein wie und wo sollte das zur Erscheinung kommen? Un-
glücklicherweise litt es, nach frühern Mäßigkeitsprincipien, an
einer Stimmenmagerkeit; es stieg nicht weiter als bis zum Terzett,
und man hätte zuletzt die Theriaksbüchsen des Doctors gern be-
leben mögen, um ein Chor zu gewinnen. Alles unser Bemühen da-
her, uns im Einfachen und Beschränkten abzuschließen, ging ver-
loren, als Mozart auftrat, Die Entführung aus dem Serail schlug
alles nieder, und es ist auf dem Theater von unserm so sorgsam
gearbeiteten Stück niemals die Rede gewesen.« (›Italienische
Reise‹, Zweiter Römischer Aufenthalt, Weim. Ausg., I. Abt.,
Bd. 32, 1906, S. 144-145)
5. Leipziger Theater
»Auf dem neuerbauten Theater erhielt natürlicherweise das Schau-
spiel neue Aufmunterung und Belebung. Die Kochische Gesellschaft
hatte Verdienst genug, um das Publicum zu beschäftigen und zu
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