Page 20 - Robert Charlier: Goethe und August Wilhelm Iffland (1779-1814)
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Druckausgaben der Briefe
Eine früher verbreitete Druckausgabe der Briefe Ifflands an bedeu-
tende Zeitgenossen ist längst vergriffen und wurde nicht wieder
aufgelegt. Dabei handelt sich es sich um das historische Reclam-
Bändchen: Ifflands Briefwechsel mit Schiller, Goethe, Kleist, Tieck
und anderen Dramatikern, herausgegeben und mit Anmerkungen
und erläuternden Texten versehen von Curt Müller. Leipzig
(Reclam) o. J. Das tatsächliche Erscheinungsjahr ist 1910, der
kleine Band umfasst 260 Seiten. Diese Auswahledition doku-
mentiert Ifflands Verhältnis zu zeitgenössischen Vertretern der
literarischen Klassik und Romantik anhand von 112 ausgewählten
Briefen. Auswahl, Briefanzahl und die Reihenfolge der Darbietung
ähneln einer deutlich umfangreicheren älteren Textsammlung aller-
dings so stark, dass diese als primäre gedruckte Quelle gelten kann.
Es handelt sich dabei um die Dokumentensammlung Johann
Valentin Teichmanns Literarischer Nachlaß, herausgegeben von
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Franz Dingelstedt, erschienen bei Cotta in Stuttgart 1863. Auch
im Hinblick auf den Nachweis bzw. die Konsultation der Hand-
schriften, die sich einst im Besitz des Berliner Theaterbestandes
befanden, haben Teichmann/Dingelstedt heute als vorrangige Text-
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zeugen zu gelten. Vor dem Hintergrund des aktuellen Nachlass-
16 Vgl. Teichmann/Dingelstedt 1863, S. XI: »Inhalt […] Zweites Buch […]
Briefwechsel klassischer Dichter und Schrifsteller mit der königlichen
Hoftheater-Verwaltung in Berlin. Nr. 1 bis 112.« Bei Müller findet sich in
der »Quellenangabe« lediglich ein verkürzter Hinweis auf »Johann Teich-
manns literarischer Nachlaß« (C. Müller 1910, S. 259), allerdings in zeitty-
pischer Weise ohne die geringste Erwähnung der Tatsache, dass die Briefe
und Dokumente wohl im Wesentlichen daraus übernommen wurden. Aus
heutiger Sicht drängt sich beim Vergleich der beiden Ausgaben der
Eindruck eines editorischen Plagiats auf. Zumindest erscheinen in der
Reclamausgabe von Müller (1910) die Briefanteile der Ausgabe von Teich-
mann/Dingelstedt (1863) fast vollständig kompiliert. Dies betrifft vor allem
auch die Anordnung und Nummerierung der Briefstücke.
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Allerdings sind philologische Qualität und editorische Leistung auch dieser
Ausgabe äußerst kritisch zu betrachten: »[...] Aber was D[ingelstedt]. zu
diesem Werke gethan hat, ist nicht viel: ein kurzes Vorwort über Teich-
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