Page 23 - Robert Charlier: Goethe und August Wilhelm Iffland (1779-1814)
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heute als Berühmtheiten geltenden Vertretern der Weimarer Klassik
                        und  deutschen  Romantik  zumindest  zeitweise  auf  Augenhöhe  be-
                        gegneten.
                           Auch  das  Prinzip  der  Auswahl  ist  bemerkenswert.  So  setzt

                        Müller  40 Briefe  von  Schiller  und  Iffland  an  die  erste  Stelle.
                                                                                            20
                        Möglicherweise folgt er damit nicht allein seiner Vorlage.  Viel-
                        mehr  entspricht  er  damit  zugleich  auch  dem  ›Schillerprimat‹  der
                        Literaturgeschichte des 19. Jahrhunderts, das sich mit Blick auf die

                        Rangfolge der beiden Weimarer Klassiker in etwa bis zur Reichs-
                        gründung von 1871 hielt. Das heißt, Schiller rangierte damals noch
                        deutlich  vor  Goethe und  wurde  bei der Bezeichnung der illustren
                        Weimarer Epoche in der Regel zuerst genannt (also  ›Schiller und

                        Goethe‹ statt ›Goethe und Schiller‹). Ausgewogen durchmischt der
                        Herausgeber im ersten Teil Briefe von und an Schiller, es kommt zu
                        einem tatsächlichen Dialog der jeweiligen Stimmen (S. 15ff.). Ganz
                        anders  im  zweiten  Teil  mit  dem  Briefwechsel  zwischen  Goethe,

                        Iffland  und  Brühl  (S.  80ff.).  Dort  bringt  Müller  ausschließlich
                        Briefe  von  Goethe  an  Iffland  und  Brühl.  Dagegen  gelangte  kein
                        einziger Brief von Iffland an Goethe in die engere Auswahl  im
                                                                                                  21
                        Gegensatz  zu  insgesamt  fünf Schreiben  von  Brühl  an  Goethe.
                        Zudem  fällt  auf,  dass  einige  Briefe  Goethes  an  Iffland  nicht
                        aufgenommen wurden, die in der Weimarer Ausgabe dokumentiert
                        sind.  Dies  mag  daran  liegen,  dass  die  Editionsarbeiten  an  der
                        Briefabteilung der großen Weimarer Sophien-Ausgabe zur Zeit des

                        Erscheinens  des  Müllerschen  Briefbändchens  noch  nicht  abge-
                        schlossen  waren  die  entsprechenden  Briefbände  also  noch  nicht
                        vollständig vorlagen.
                           Goethes  Briefe  folgen  innerhalb  der  Reihenfolge  des  Bandes

                        zwar erst an zweiter Stelle. Die längere Abfolge seiner Briefe bleibt
                        aber  ohne  die  dazugehörigen  Antwort-  bzw.  Bezugsschreiben  un-


                        20   Vgl.  Teichmann/Dingelstedt  1863,  S.  XI:  »Inhalt  […]  Zweites  Buch  […]
                           Briefwechsel […] I. Schiller-Iffland (Nr. 1 bis 40)«, unter Verweis auf ebd.
                           S. 199-235.
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                           Vgl. C. Müller, 1910, Nr. 12, S. 97f.; ebd., Nr. 15, S. 102; Nr. 25, S. 121f.;
                           Nr. 27, S. 125f.; Nr. 30, S. 129f.)






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