Page 28 - Robert Charlier: Goethe und August Wilhelm Iffland (1779-1814)
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Stücke« (Tabelle II, S. 256-58). Gemeint sind damit die Honorare,
die den Bühnenautoren der Goethezeit einmalig bei der Aufnahme
ihrer Stücke in den Spielplan gezahlt wurden. Denn im Unterschied
zu heute gab es noch kein Tantiemensystem, das sich an einem
Urheberrecht bzw. der Anzahl der Aufführungen orientierte. Für
den heutigen Leser ist es herzerfrischend, auf diese Weise auf den
historischen Groschen genau ermessen zu können, wie haushoch
die Erfolgsstücke eines Iffland oder Kotzebue etwa die Schiller-
schen an der Theaterkasse schlugen! Auch die anderen Klassiker
und Romantiker folgen in dieser Preisliste mehr oder weniger weit
abgeschlagen. Und die Preise für die Stücke eines Großklassikers
wie Goethe werden erst gar nicht aufgeführt, mit dem lapidaren
Hinweis: »Von Goethes Werken befinden sich die Ankaufspreise
nicht in dem Verzeichnis des Archivs des K[öni]gl[ichen].
Nationaltheaters in Berlin.« (S. 258) Möglicherweise ließ man die
Zahlen in diesem Fall auch bewusst weg, um der Aura des
Weimarer Olympiers nicht durch wenig schmeichelhaftes Zahlen-
werk abträglich zu werden!
Goethe als ›Schauspieler‹
Weder Goethes Schauspielrollen noch sein gesellschaftliches Spiel
mit der ›Rolle‹ als Gelegenheitsschauspieler bzw. Laiendarsteller
wurden in der Forschung bisher systematisch untersucht. Dass
Goethe aber auch von der Schauspielkunst ganz besonders
fasziniert war, dokumentieren seine zahlreichen Theateraktivitäten
von Kindesbeinen an. Darunter zählt vor allem seine Theater-
begeisterung als Kind und Heranwachsender in Frankfurt. Diese
Leidenschaft sollte auch während seiner Studienzeit in Leipzig und
Straßburg anhalten und sich konsequent in seinem Engagement
beim Weimarer Liebhabertheater im unmittelbaren höfischen
Umfeld der Herzoginmutter Anna Amalia fortsetzen. Zu diesem
Zeitpunkt war Goethe immerhin bereits amtierender Minister in
Weimar. Seine Erfahrungen verarbeitete er zudem in der Theater-
Erzählung Wilhelm Meister theatralische Sendung. Nicht umsonst
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