Page 42 - Robert Charlier: Goethe und August Wilhelm Iffland (1779-1814)
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Erstbegegnung in Mannheim



                        Die erste Begegnung Goethes mit dem jungen Schauspieler Iffland
                        fällt  zusammen  mit  einem  weiteren  denkwürdigen  Ereignis:  dem
                        ersten Zusammentreffen mit dem jungen Friedrich Schiller. In bei-

                        den  Fällen  handelt  es  sich  um  zunächst  unmittelbar  folgenlos
                        bleibende Ereignisse. Doch beide Begegnungen sollten sich später
                        zu  langjährigen  Beziehungen  auswachsen.  Dies  geschah  ausge-
                        rechnet  auf  dem  Gebiet  des  Theaters,  also  jenem  Feld  der  dar-

                        stellenden  Kunst,  das  sich  für  Goethe  zum  wichtigsten  Bereich
                        neben  seiner  dichterischen  Tätigkeit  entwickelte.  Beider  Lebens-
                        wege kreuzten sich zudem in einer Lebensphase, da Goethe seine
                        kreative Beschäftigung mit der bildenden Kunst als aktiver Zeich-

                        ner immer mehr zurücknahm und am Ende soger einstellte.
                           Auf dem Rückweg von einer Reise an der Seite seines Weimarer
                        Herzogs und Dienstherren Carl August über das Rheinland in die
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                        Schweiz  stand im November und Dezember 1779 der Besuch eini-
                        ger  Fürstenhöfe  im  Südwesten  Deutschlands  auf  dem  Programm.
                        Die  höfischen  Stationen  der  Reise  blieben  inoffiziell,  denn  der
                        Weimarer Herzog reiste inkognito. Die Reisegesellschaft blieb sehr
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                        überschaubar.  Nach dem krönenden Abschluss durch einen länge-
                        ren  Besuch  bei  Lavater  in  Zürich  machte  sich  die  kleine  Reise-
                        gruppe am 2. November 1779 vom schweizerischen Brig im Kanton
                        Wallis auf den Weg und gelangte über Winterthur, Konstanz und
                        den Rheinfall bei Schaffhausen nach Stuttgart. Als Gäste des Her-

                        zogs  Karl  Eugen  von  Württemberg  konnten  Goethe  und  Karl
                        August  so  der  jährlichen  Preisverleihung  an  der  Karlsschule  bei-


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                           Es  handelt  sich  um  die  sogenannte  Zweite  Schweizer  Reise,  mit  den
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                           heim,  Straßburg,  Emmendingen,  Basel,  Bern,  Thun,  Lauterbrunnen,  Grin-
                           delwald, Bern, Lausanne und Genf.
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                           Herzog Karl August wurde lediglich von folgenden Personen begleitet: zwei
                           Bedienstete,  Goethe,  dessen  Diener  Seidel,  ein  weiterer  Diener,  der  Wei-
                           marer  Oberforstmeister  von  Wedel  sowie  Jäger  Isleib.  Der  äußeren  Um-
                           stände halber hatte die kleine Gruppe einige Reisestrecken getrennt zurück-
                           gelegt.






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