Page 51 - Robert Charlier: Goethe und August Wilhelm Iffland (1779-1814)
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der Nachwelt differenziert zu betrachten. In seiner Rolle als
epochaler Schauspieler der Goethzeit kann er sicher zu Recht als
einer der am besten erinnerten Vertreter der Bühnenkunst gelten.
Dies trifft wohl zumindest für die engere Theater-, Kultur- und
Fachwelt des deutschsprachigen Raums zu.
Ganz anders ist es mit seinem literarischen Rang als Autor
bestellt. In dieser Hinsicht ist er wohl seit mehr als hundert Jahren
weitgehend vergessen. Seine Stücke blieben im 20. Jahrhundert so
gut wie ungespielt. Eine Ausnahme bildet das Drama Die Jäger.
Dieses Stück konnte sich, wie bereits dokumeniert, am äußersten
Rande eines erweiterten Kanons der klassisch-romantischen
Literaturperiode halten. Auch Ifflands fulminante Lebensleistungen
als Theaterleiter und Theoretiker, als Übersetzer, Dramaturg und
Regisseur, blieben weitgehend verkannt oder zumindest bei Weitem
unterschätzt. Erst mit dem spektakulären Nachlassfund von Anfang
2014 rückten seine Verdienste als universeller Theatermanager in
den Fokus eines wissenschaftlichen Interesses, das sich angesichts
der Art und Fülle des wieder aufgefundenen Materials fundamental
neu ausrichten muss. Die Sach- und Realienwelt des Theateralltags
sowie der wirtschaftliche Betrieb werde dabei mit einiger Sicherheit
im Mittelpunkt stehen. Denn das Ifflandsche Korrespondenzarchiv
wird sich wohl vor allem als ein Datenschatz der Zahlen, Listen und
Rechnungen entpuppen, und neue theatertheoretische Schriften
darin eher die Ausnahme bilden.
Es bleibt eine Frage der Bewertung, ob es zur Zeit von Ifflands
Wirken nicht auch bedeutendere Bühnendarsteller gegeben habe.
Zur Zeit seiner ersten großen Theatererfolge blieben schulbildende
Lehrer der älteren Generation wie Conrad Ekhof sicher berühmter.
Als Vertreter der nachfolgenden Generation wird ihn ein
Publikumsliebling wie der Schauspieler Ludwig Devrient (1784-
1832) in dessen Berliner Zeit an Popularität übertroffen haben.
Iffland war aber nicht nur bereits zu Lebzeiten zur Legende. Ihm
wurde zumindest als Schauspieler auch ein besonderer Nachruhm
zuteil, der in der deutschen Theatergeschichte seinesgleichen sucht.
So erhielt er nach seinem Tod ein Ehrengrab auf dem Friedhof der
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