Page 55 - Robert Charlier: Goethe und August Wilhelm Iffland (1779-1814)
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Bei der anschließenden Weitergabe des Rings an die nächste
Generation kam es zu einem wahren Kuriosum. Der von Haase
eingesetzte Ringerbe, der in Mannheim geborene Schauspieler
Albert Bassermann (1867-1952), hatte sogar nacheinander ins-
gesamt drei Schauspieler für die Nachfolge eingesetzt die aber
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allesamt vorzeitig verstarben! Angesichts dieser düsteren Bilanz
weigerte sich Bassermann, weitere Empfänger zu küren. An diesem
Punkt tritt die nibelungenhafte Facette der geheimnisumwitterten
Ringüberlieferung zu Tage. Lastete, so mag sich der lebensfrohe
Bassermann gefragt haben, ein tödlicher Fluch auf demjenigen, der
durch das Ringsymbol eigentlich verwewigt werden sollte? Andere
führen die Weigerung Bassermanns darauf zurück, dass Schau-
spieler in der Regel sehr abergläubisch sind (vgl. dazu die
Darstellung von R. Krekeler; siehe Literaturverzeichnis, Punkt 7:
›Internetressourcen‹). Aktenkundig ist jedenfalls, dass Albert
Bassermann den Ring schon vorzeitg, also lange vor seinem
eigenen Ableben, am 10. Oktober 1935 der Theatersammlung der
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Österreichischen Nationalbibliothek in Wien übergab.
Weitere kuriose Wirrungen in der Verererbungsgeschichte des
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Rings finden sich bei V. Reimann (1962) dokumentiert. Nach dem
Wien; Stuttgart; Basel o. J. [1962], S. 8-15; hier S. 8; vgl. dazu die
Transkription des Briefes von Haase an Bassermann, datiert »Weihnacht
1908« ebd., S. 28f.: »Iffland gab diesen Ring bei seinem letzten Gastspiel in
Breslau dem jungen, damals in seiner höchsten künstlerischen Blüthe
stehenden Ludwig Devrient.«)
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Dabei handelte es sich um folgende Schauspieler mit ihren Hauptwirkungs-
orten Berlin und Wien: Alexander Girardi (1850-1918); Max Pallenberg
(1877-1934) und Alexander Moissi (1879-1935).
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Vgl. Reimann 1962 (wie im Vorigen), S. 18.
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So soll Basssermann noch vor seiner Rückgabe an die Österreichische
Nationalbibliothek in Wien beabsichtigt haben, den Ring kurzerhand dem
letzten verstorbenen Kandidaten, Alexander Moissi, im Jahr 1935 mit ins
Grab zu geben, um so die ihm fatal erscheinende Ringtradition gleichsam
mitzubeerdigen (vgl. Reimann 1962, S. 5) ‒ Nachdem der Ring nach
Bassermanns Übergabe über ein Jahrzehnt im Besitz der Wiener
Nationalbibliothek in Vergessenheit zu geraten drohte, soll der Leiter der
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